Dumm gelaufen, Teil 2

Das ist der zweite Teil meiner „Dumm gelaufen“ Geschichte. Den ersten Teil findest du hier.

Im Hinblick auf den Marathon wurden meine Läufe ja immer länger. Im August standen 28 km auf meinen selbst erdachten Plan an. Ich lief 27 und brach ab. Etwas, was ich noch nie getan hatte, aber es ging nicht mehr. Mein Fuß tat so unfassbar weh, dass ich mich alle paar Meter hinsetzten musste. Ich brauchte ewig um zuhause anzukommen. Das war am 22.08.2019.

Jetzt sollte man ja meinen, ich wäre endlich zum Arzt gegangen. Aber nein, stattdessen stellte ich zwar die richtige Diagnose selbst, verfolgte jedoch keinen angemessenen Therapieplan, sondern zog meine Training weiter durch, nachdem ich meinem Fuß nur einen Tag Ruhe gönnte.

Am 01.09.2019 lief ich in Bochum den Halbmarathon. Ab km 10 gefühlt nur noch auf dem linken Bein. An der Grafik, die die Balance der Bodenkontaktzeit anzeigt, kann man das Elend erahnen. 

“Dumm gelaufen” bekommt da eine ganz neue Bedeutung. Ich beendete meinen ersten offiziellen Halbmarathon in 2 Stunden und 20 Minuten und war am Boden zerstört, denn ich wusste: das wird nix mit dem Marathon. Zuhause angekommen heulte ich wie ein Schlosshund und konnte keinen Meter mehr gehen.

Selbst im Stehen konnte ich meinen rechten Fuß nicht mehr belasten.

Am nächsten Tag saß ich endlich beim Orthopäden. Mein kompletter Fuß war so geschwollen, dass ich nicht mehr in meine Schuhe kam. Beim Röntgen sah man einen Fersensporn (ich war mir übrigens ziemlich sicher, dass ich den auch unter dem anderen Fuß hatte), aber die akuten Schmerzen rührten von der Plantarsehne, die so entzündet war, dass ich die Praxis auf Krücken und mit der Empfehlung verliess, dass Laufen vielleicht nicht das Richtige für mich sei und es ja auch noch andere schöne Sportarten gäbe. Blödmann.

Wie es das Schicksal manchmal so will, flatterte eine Einladung zum Disney-Lauf in mein E-Mail Postfach. Ehrlich, ich wusste nicht, ob ich lachen oder heulen sollte. Ich meine, da lädt mich Disney samt Familie für ein Wochenende ein und ich darf auch noch laufen!

Der Lauf war Ende September und dass ich mitlaufe war nunmal Teil der Kooperation. So entschied ich mich, gegen alle Vernunft, zuzusagen. Ich bereute es nicht. Den Disney-Lauf läuft man nicht auf Zeit und somit lief ich ganz langsam mit meinen neuen orthopädischen Einlagen und machte immer wieder Gehpausen. Morgens um 7 durch das Disneyland zu laufen ist ein unglaubliches Erlebnis und die Medaille war ein Traum! Ich wäre gerne 2020 wieder im Disneyland gelaufen, leider machte uns Corona da einen Strich durch diesen Plan.

Man sieht immer noch deutlich, welcher Fuß schmerzt 😀
Für diese schöne Medaille hat es sich gelohnt!

Es folgten ein paar echt harte Wochen. Nicht nur, dass ich keinen Sport machen konnte – nein, ohne Krücken ging gar nichts, bzw. ich nicht. Ich hätte mit dem Fuß auch niemals Fahrrad fahren können oder gar ins Schwimmbad gekonnt. Ich wurde aus meinem völlig aktiven Alltag gerissen und saß da nun.

Ich bekam insgesamt 16 Röntgenreizbestrahlungen, nahm entzündungshemmende Medikamente, schmierte und salbte. Ich bekam Einlagen. Ich trank Ackerschachtelhalm, schluckte Globulis, badete meinen Fuß abwechselnd in Retterspitz und Salzen. Ich dehnte, rollte und massierte wie eine Irre. Ich ging zum Osteopathen – bzw. kam der Osteopath zu mir. Ich bestellte alles, was angeblich irgendwie hilfreich sein könnte, im Internet und probierte es aus. Ich bemitleidete mich und ärgerte mich über meine grenzenlose Dummheit. Ich schwor mir, dass mir so etwas nie wieder passieren würde. 

Das schlimmste war für mich, dass niemand eine Prognose stellen konnte, wie lang dieser Zustand noch anhalten würde. 

Ich schaute den Köln und Berlin Marathon am Laptop und TV und heulte dabei ununterbrochen, weil mein Fuß weh tat, ich mich selbst bemitleidete und mir dabei ausgesprochen blöd dabei vorkam.

Sarah Linda Gall

Sarah war nie sportbegeistert und schon beim Schulsport um keine Ausrede verlegen, um nicht teilnehmen zu müssen. Mit 31 Jahren wog sie 124 Kilo, hatte Diabetes Typ 2 und Bluthochdruck. Sie schaffte es, sich fast zu halbieren und fasste den Entschluss, irgendwann einen Marathon zu laufen. Inzwischen hat Sarah viele tausend Laufkilometer hinter sich, jede Menge Erfahrung gesammelt und ist davon überzeugt, dass jeder laufen kann und auch sollte.

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